Sonderborg und eine Beinahekollision

 

Ich reiße das Ruder herum und wende hart nach Steuerbord. Zehn Zentimeter fehlten an einer Kollision mit der 10-Meter-Yacht, die ausgangs der Bucht von backbord voraus heraufgezogen kam. Ich brülle dem Skipper ein paar unfeine Worte während des ganzen „Manövers des letzten Augenblicks“ zu. An Bord der Yacht bricht Hektik aus, doch zu spät. Mein Wegerecht war nicht nur nicht erkannt worden, sie hatten schlichtweg geträumt und nicht nach vorne geschaut. Was helfen einem da der Backbordbug und die Tatsache, dass die andere Yacht unter Maschine lief, obwohl sie alle Segel oben hatte? Getreu den Kollisionsverhütungsregeln, hat man auf sein Wegerecht zu verzichten, wenn eine Kollision sich anders nicht vermeiden lässt. Das „Manöver des letzten Augenblicks“ heißt da: Ausweichen!

Nach dem Schreck eine Zigarette, dann wende ich nochmals und laufe in Richtung Sonderborg. Bei herrlichem Sonnenschein und mäßigem Wind verließ ich unter Segeln Höruphavn gegen 11.00 Uhr. ‚Um die Ecke’ nach Sonderborg. Doch es werden wegen des schwachen Windes immerhin 3 Stunden bis ich vor der Brücke im Handelshafen einlaufe. Da allerdings mit vollen Segeln, denn es hatte inzwischen kräftig aufgeprist.

 

Später laufe ich dennoch den Yachthafen an, weil ich im Handelshafen nicht das richtige Plätzchen gefunden hatte. Jetzt sitze ich bei einer Flasche Sekt in der Kajüte und höre im Radio Chormusik. Mein Gott war das ein Gefühl, im Hafen Sonderborg einige Runden unter Segeln zu ziehen. Segeln macht frei!

 

Die Ferien gehen langsam zu Ende. Darauf stoße ich mit mir an. Nein: Mit Little Wonder stoße ich an. Das Glas scheppert an die Maststütze und Little Wonder gibt mir zu verstehen, dass es lieber Seewasser mag und wenn die Wellen an ihr vorbeirauschen. Nicht der kleine Binnensee ist sein zuhause sondern die See und der weite Horizont.

 

Die Sonne ist hinter dem Horizont versunken und hat einer geschlossenen Wolkendecke das Feld überlassen. Ich liege an der äußersten Brücke im Hafen ohne schützende Mole, so dass das Schiff in den Wellen schaukelt. So werde ich in den Schlag gewiegt. Gute Nacht ihr zu hause. Noch einige Tage, und ich bin hoffentlich wieder wohlbehalten mit meiner Little Wonder bei euch.

 

Nächstes Kapitel.

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Wie die Welt aussieht hängt von der Perspektive ab, aus der heraus man sie betrachtet. © Gerhard Falk